Endometriose

.Endometriose ist eine immer noch häufig unbekannte Erkrankung, mangelnd erforscht, mit enormen Auswirkungen auf die Betroffenen und ihr Umfeld. Sie ist mit Behandlungskosten verbunden, die in den meisten Fällen von den Krankenkassen nicht übernommen werden. Mit dem Ziel das zu ändern, läuft noch bis zum 21. Juli 2020 diese hier verlinkte Petition an den Deutschen Bundestag. Mein Appell an alle, Betroffene, Angehörige, Geschwister, Freund*innen, Partner*innen: Bitte unterschreibt die Petition.

Warum ich darüber schreibe?
1. Weil vielen die Krankheit immer noch nicht bekannt ist und wenn es auch nur eine Person erwischt, die hier davon (mehr) erfährt, ist es gut.
2. Weil es Aufmerksamkeit, Zusammenschluss und Unterstützung der Forderungen braucht, damit sich Forschung und Wissenschaft der Krankheit, ihrer Ursache und der Heilung annehmen.
3. Weil gerade jetzt die Petition läuft. (Ohne Zeitdruck wäre der Beitrag wohl wie üblich deutlich  länger.)
4. Und ja, auch ich bin #1von10 und habe Endometriose.

Endometriose, Diagnose, heilbar, Alternative Therapie

Was ist Endometriose?

In der Gebärmutterhöhle wächst durch die Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron gesteuert, alle vier Wochen Schleimhaut heran, damit sich ein befruchtetes Ei einnisten kann. Wächst eine Schleimhaut aus ähnlichen Zellen auch außerhalb der Gebärmutter, z.B. an Scheide, Eileiter, Eierstöcken, Bauchfell, Darm oder/und Blase, so nennt man sie Endometriose. Endometrioseherde sind als gutartig kategorisiert, können metastasieren und bleibende Schäden an Organen verursachen, sogar bis hin zu z.B. Leber und Lunge.

Vorkommen

Endometriose ist die zweithäufigste gynäkologische Erkrankung. 175 Millionen aller Menschen die einen Uterus haben oder hatten weltweit, 10-15% all dieser Menschen zw. Pubertät und Wechseljahren haben Endometriose. 40.000 Neuerkrankungen werden in Deutschland jährlich diagnostiziert (Vergleich Brustkrebs: 70.000).

Symptome

Die Symptome sind sehr verschieden (“Chamäleon der Gynäkologie”):  keine Beschwerden, Stimmungsschwankungen, häufige Müdigkeit und Erschöpfung, Kopfschmerzen, Übelkeit, Schmerzen oder Blutungen beim Entleeren von Blase oder Darm, Durchfall/Verstopfung, starke oder besonders lange Monatsblutungen, starke bis chronische Schmerzen im Unterbauch und ausstrahlend auf alle Körperbereiche, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie) und bei der gynäkologischen Untersuchung.

Wichtig: Das Ausmaß der Beschwerden steht nicht in Relation zum Krankheitsstadium. Ein betroffener Mensch mit nur wenigen Läsionen kann unfassbare Schmerzen erleiden, während ein anderer im diagnostizierten schweren Stadium IV vollkommen beschwerdefrei ist.

Diagnose

Viele Betroffene haben eine lange Leidensgeschichte. Symptome werden nicht ernst genommen oder falsch gedeutet. Durchschnittlich dauert es 6-10 Jahre bis Endometriose diagnostiziert wird. Je früher die Diagnose gestellt und die Behandlung eingeleitet wird, desto besser. Diagnosemethoden: gynäkologische Untersuchung, Kolposkopie (Betrachtung mit Vergrößerungsoptik), vaginale Sonographie (Ultraschalluntersuchung  – sie ist von den Patient*innen selbst zu zahlen (IGeL Leistung), sogar mit der Diagnose Endometriose) und Laparoskopie (Bauchspiegelung). Letztgenannte gilt als die einzige gesicherte Diagnosemethode.

Behandlung

  • Operation(en) / Laparoskopie
  • hormonelle Therapien, ca. 70% der Endometrioseherde unterliegen hormoneller Beeinflussung
  • Schmerzmedikamente
  • komplementäre Behandlungen: Phytotherapie (Pflanzenheilkunde), TCM (Traditionelle Chinesische Medizin), Physiotherapie, Ostheopathie, Homöopathie, Ernährung, Heilfasten / Intervallfasten, Bewegung, Entspannungsübungen, …

Die Ursache von Endometriose ist noch nicht bekannt, demnach gibt es keine kausale Therapie. Endometriose gilt als nicht heilbar. Es gibt keine annähernd pauschal wirksame Therapie gegen die Symptome, was es Betroffenen schwer macht, das individuell richtige zu finden. Die Rezidivrate (Rückfall) ist hoch, nach der Entfernung von Endometrioseherden müssen nicht, aber können wieder neue entstehen. Nach fünf Jahren mit ausgeprägtem Stadium soll die Rezidivrate bei 70% liegen, mit frühzeitiger Diagnose bei 30%. Etwa die Hälfte der Patient*innen hat einen dauerhaften Therapiebedarf.

Auswirkung

Körperlich und psychisch: Endometriose beeinflusst den Hormonhaushalt und das Immunsystem. Bei ca. 50% der Betroffenen, die ungewollt kinderlos bleiben, ist Endometriose der Grund. Nach Operationen können Narben im Inneren Schmerzen verursachen und es ist möglich, dass sich Verwachsungen bilden die wiederum zu schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Bei anderen Krankheitsbildern werden bei medizinischer Notwendigkeit Kosten zur Narbenbehandlungen getragenei Endometriose ist das nicht der Fall, weil es als solches nicht anerkannt ist.
Durch die Belastung der körperlichen Erkrankung kann es zu milden bis stark beeinträchtigenden Erschöpfungszuständen kommen, zu einer Angstsymptomatik, Depression, sozialen Isolation, etc. Das kann wiederum enorme Fehlzeiten in der Ausbildung und am Arbeitsplatz zur Folge haben mit im schlimmsten Fall Jobverlust(en).
Endometriose führt nicht selten zu herausfordernden persönlichen Auseinandersetzungen: Frausein, Wert als Partner*in, Hormoneinnahme wider Willen, etc. Oftmals erleben Betroffene nicht nur in vielen Arztpraxen Unverständnis (auf der Suche nach Hilfe), sondern auch in ihrem sozialen Umfeld (Freundeskreis, Familie, Partnerschaft), flankiert von verletzenden RatSchlägen (mangels Wissen, Desinteresse, aus Hilflosigkeit, Überforderung).

Endometriose

Forschung, Wissenschaft, Lehre, Allgemeinwissen / Akzeptanz

Es wird wenig zum Krankheitsbild der Endometriose geforscht. Angeführte Gründe sind, dass die Krankheit nicht tödlich ist. Es gibt seltene Todesfälle durch Endometriose, meist sind es Folgeerkrankungen die zum Tod führen. Ein weiterer Grund ist, dass sie nicht häufig vorkommt. Hauptsächlich sind Menschen betroffen die einen Uterus haben oder hatten (extrem selten andere). Außerdem: Es gibt keine einflussnehmende Lobby.

#gendergap
In der medizinischen Ausbildungen kommt das Krankheitsbild der Endometriose kaum vor. Zum Thema „Forschung und Pille“ ein Vergleich von Carolin Kebekus #DCKS: „Heute haben wir fucking Smartphones, aber Frauen schlucken immer noch den Commodore64.“

Wirtschaftsinteressen

Es scheint ein wirtschaftliches Interesse an z.B. unerfülltem Kinderwunsch / Unfruchtbarkeit zu geben. Es gibt nur die einzig sichere Diagnosemöglichkeit – die Laparoskopie. Bei typischer Symptomatik von Endometriose liegt die Empfehlung zur mit hohen Kosten verbundenen Behandlung in  z.B. Kinderwunschkliniken zu oft näher, als die chirurgische Diagnose und ggf. Entfernung von Endoherden, was die Fruchtbarkeit verbessern kann. Oft verstreicht dadurch wertvolle Zeit.

Kosten

Mit der Diagnose Endometriose können auf Betroffene enorme Kosten zukommen. Therapien mit Hormonpräparaten und alternative Behandlungsformen werden trotz medizinischer Notwendigkeit nur in seltenen Fällen von den Krankenkassen übernommen. Der Grund anhand eines finanziell kleineren Beispiels zum Off-label-use: Die Pille wird wegen ihrer eindämmenden Wirkung auf das Wachsen von Endometrioseherden verschrieben. Sie ist zur Empfängnisverhütung zugelassen, nicht zur Behandlung von Endometriose. Die Kosten für die Pille werden also nicht übernommen.
U.a. mit der oben erwähnten Petition wird eine vollumfängliche Kostenübernahme der Krankenkassen medizinisch verordneter Medikamente bei der Behandlung einer diagnostizierten Endometriose gefordert.

Empfehlung

Mit dem Verdacht Endometriose zu haben und wenn er sich bestätigt, empfehle ich Zeit zu investieren und sich nicht auf eine*n Ärztin/Arzt zu verlassen die/der kein*e Endmetriosespezialist*in ist. Sich selber umzusehen und gute Berater*innen zu suchen ist aufgrund mangelnder Forschung, Lehre, etc. m.E. not-wendig. In Vereinigungen zur Endometriose wird aufgeklärt (siehe Direktlinks unten). In Foren bei Facebook gibt es die Möglichkeit zum Austausch (z.B. “Endometriose – Austausch unter Betroffenen, deutschsprachiger Länder.”). Erfahrungsberichte bei Instagram und YouTube zeigen verschiedene Situationen und Handlungsmöglichkeiten. Es wird mehr von Negativem berichtet, als von Fällen die im Rahmen der Diagnose gut verlaufen. Diese Erinnerung und ein Pausieren ist wichtig, falls die Informationsflut das Gemüt belasten.

Quellen und weiterführende Informationen

 

5 Kommentare

  1. Stefanie Kirsch

    Sehr gut geschrieben! Ich bin seit Oktober letztes Jahr diagnostiziert und selbst vorher noch nie was davon gehört. Ich habe mich auch sehr gequält mit der Frage Pille ja oder nein, da ich einerseits nicht will, andererseits aber noch ein zukünftiger Kinderwunsch besteht. Die völlig mangelnde und Unzufriedenstellende Erkenntnislage, sowie die Flut an schlimmsten negativ Erfahrungen haben mich Anfangs völlig fertig gemacht und ich fühlte mich hilflos und ausgeliefert. Bei meiner Ärztin stieß ich auf mangelnde Empathie, Erfahrung mit dem Thema und wurde recht forsch abgewiegelt. Somit habe ich den Arzt gewechselt und fühle mich nun besser verstanden und aufgehoben. Hier wird auch alles individuell abgefragt, bevor einfach blind was verschrieben wird.

    • Minza will Sommer

      Liebe Stefanie,
      es freut mich sehr zu lesen, dass Du Dich nach dem Arztwechsel nun besser aufgehoben und verstanden fühlst! Mit dem Thema gehen so viele weitreichende Auseinandersetzungen und Entscheidungen einher, wie Du sie auch beschrieben hast. Danke für Deine Nachricht und von Herzen alles Gute für Dich!
      LG Maren

  2. Marie Müller

    Ich kann mich nur anschließen. Wirklich sehr gut geschrieben. Ich habe die Zeilen nicht nur gelesen, sondern regelrecht gefühlt.
    Ich bin leider selbst betroffen und aktuell wieder ziemlich stark. Leider stoße ich auch immer wieder auf Unverständlichkeiten durch Unwissen. Auf Gefühllose Menschen die einen bzw. die Erkrankung als übertrieben ansehen.
    Ich hoffe, deine Seite erreicht viele Menschen und vor allem hoffe ich, dass an Endometriose endlich intensiv geforscht wird und ein ordentliches Mittel ohne Nebenwirkungen gefunden wird.

  3. Sara Schuster

    Seit circa 3 Wochen weiß ich, 43 Jahre, dass ich Endometriose habe und das vermutlich schon immer, betrachtet man meinen “Lebenslauf”. (Lange Geschichte) Nach dem Lesen des Artikels möchte ich unbedingt wissen lassen: Es gibt in Dachau ein MrgFUS Zentrum mit einem überaus qualifizierten und sehr netten Chefarzt, der noch Zeit hat, und, so mein Eindruck, Liebe zum Beruf. Ich bin mit der falschen Annahme eines größeren Myoms und einer Möglichkeit der Behandlung dorthin gefahren und kam mit der Diagnose Endometriose zurück. (Meine Gyn hat mir abgeraten) Dort wurde ein MRT mit Kontrastmittel gemacht und … schlimm aber endlich! weiß ich was ich habe; meinem Körper fehlt. Die Behandlung wird z.B. von der Techniker-Krankenkasse Bayern bezahlt.
    Wichtig liebe Frauen: Endometriose ist vererbbar! Gebt Acht auf Symptome eurer Töchter.

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