Die Ökolüge von Konzernen | Filmvorstellung ‘Die grüne Lüge’

[Werbung ohne Auftrag | Gutes gehört weiter gesagt]

Wenn Ihr es nicht auf Instagram in den Stories mitbekommen habt, gestern sah ich im Kino den Film “Die grüne Lüge”. Ein Film, wie es der Untertitel beschreibt, über die Ökolügen von Konzernen und was wir dagegen tun können. Ein Film von Werner Boote und Kathrin Hartmann, die zum Ende der Filmvorführung zur Diskussion vor Ort waren. Im Film kommen Menschen zu Wort, deren Haltung beeindruckt und inspiriert und Menschen die … lügen. Die im Film gezeigten Schicksale und Ungerechtigkeiten, die uns nicht neu sind, berühren noch mal zutiefst, die offen gelegte eiskalte Profitgier der kranken Wirtschaftskonzerne ist ein Schlag in die Magengrube. Der Film hat mich emotional ordentlich aufgewühlt und es ist wieder so weit. Die Gedanken um die Ökolügen von Konzernen, Greenwashing, Konsumkritik, … müssen raus.

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Grüner Kuschelkurs

Auf der grünen Welle versuchen viele Unternehmen durch ganz viel Umweltliebe dem Konsum einen flauschigen Deckmantel überzuziehen.

Beispiel aus dem Film:
RWE errichtete in dem riesigen und immer größer werdenden Gebiet des Braunkohleabbaus Garzweiler ein paar wenige Windkraftanlagen. In RWE-Werbeclips wird dieser kleine Ausschnitt des Gebiets gezeigt. So sollten die Windkrafträder auch im Film gezeigt werden, im Gegenzug gab es die Drehgenehmigung inkl. Tesla vor Ort.
Im Film sah man die tatsächliche Dimension, das Verhältnis zwischen “grüner Bemühung” und dem Ausmaß an Raubbau an der Natur. Und die im Film eingeblendete Aktionärsversammlung wird mit den Worten eröffnet: RWE ist grüner als viele denken.

Mithilfe von solch kleinen Engangements, im Vergleich zum Gros des Konzerns, werden “Nachhaltigesarschlochprodukte” verkauft, sagt Werner Boote. Wir sollen uns schließlich gut fühlen beim Konsumieren. Wir sollen weiterhin Bedürfnisse des Überflusses entwickeln, wir sollen kaufen wollen, auf Kuschelkurs mit Konsum die Welt retten, je mehr, desto besser. Jeder soll in der Lage sein zu konsumieren, deshalb muss alles billig sein, man will ja keinen ausschließen. Der Preis: die Erde geht halt dabei drauf. Unserem Konsum zuliebe.

Anerkennung grüner Bemühungen

Muss man nicht die Mühen der Konzerne, nachhaltigere Wege einzuschlagen, anerkennen? Kommt drauf an und in der Regel: Nein, denn hier geht es um mehr als eine Fünf in Mathe.

Vergleich: Wenn mir jemand ständig in die Fresse schlägt, bin ich auch nicht dankbar, dass er sich ganz viel Mühe gibt mich nicht umzubringen. Dass er mir hier und da lieb ein Pflaster auf die Wunden klebt und an neuartigen Medikationen forscht, vielleicht mithilfe von Tierversuchen, denn das rechtfertigt das Bemühen um Schmerzlinderung. Vielleicht bietet er mir wahlweise an, statt mit der Faust drauf zu prügeln, einen Baseballschläger zu nehmen. Das Holz für den Schläger stammt selbstverständlich aus nachhaltig bewirtschafteten Forstbetrieben. Womit auch immer, es muss ja weitergehen, parallel zu den redlichen Bemühungen um Wiedergutmachung. Denn das kommt gut an und das stärkt einem doch den Rücken auf dem Weg zur Weltherrschaft. Früher oder später krepiere ich an den Verletzungen. Ich = Natur.

Warum der Vergleich hinkt? Die Natur wird uns überleben, sie braucht uns nicht, im Gegensatz zu uns, wir brauchen die Natur.

Palmöl

Hauptthema des Films. Fazit von Kathrin Hartmann: “Es gibt kein nachhaltiges Palmöl.” Für jeden Tropfen Palmöl wurde und wird aktuell Regenwald gerodet, verbrannt und Tiersterben in Kauf genommen worden. Zum Beispiel für Nahrungsmittel, Kosmetik, … Biokraftstoff. Und dabei ist Elektromobilität keine Lösung, lediglich eine Problemverschiebung.

Das zertifizierte nachhaltige Palmöl hat seinen Ursprung in den gleichen Plantagen. Die Vereinigung ist ein Zusammenschluss aus Unternehmen und z.B. dem WWF. Bis dahin wähnte ich den WWF auf der Seite der “Guten”. Im Buch “Die grüne Lüge” werden Zusammenhänge eingehender erläutert als im Film.

Konsumentscheidungen

Konsumentscheidungen sind ein zu wenig wirksamer Einflussfaktor auf die umweltzerstörenden Machenschaften der weltweiten Großkonzerne. Kathrin Hartmann sagt, dass die Politik dem Menschen die Verantwortung des Konsums übergibt. Uns ist es jedoch kaum möglich zu unterscheiden zwischen Wahrheit und Lüge. Deshalb lehnt sie es ab, sich mit Bemühungen zufrieden zu geben, die bei der Politik, den Regierungen, dem System liegen. Die Lösung liegt nicht im Massenkonsum in grün, der uns alle beruhigen und weiter konsumieren lassen soll, die Lösung liegt in der Systemveränderung und diese ist per Recht als Bürger einzufordern. Diskussion im Video: Absurditäten ethischen Konsums und des Kapitalismus’ mit gutem Gewissen.

Nachhaltigkeitsbemühungen vs. Existenz

Das Bemühen um Nachhaltigkeit ist in den von Leid betroffenen Ländern ein Kampf um Existenz. Während wir uns um das 24. T-Shirt aus möglichst fairer Produktion bemühen, kämpfen Frauen und Männer um ihr eigenes Land das ihnen genommen wurde, um ihre Gesundheit, um ihr Überleben. Ihr Kampf, den sie mit so viel Kraft und auf bewundernswerteste Weise in kleinen Erfolgen gewinnen (zeigt der Film), ist für den Fortbestand von uns allen grundlegend!

Was tun?

Es braucht Aktivisten:innen, Kläger:innen, eine kraftvolle Bewegung, um dem kranken System entgegenzuwirken, um für soziale und ökologische Gerechtigkeit einzustehen.
Der peruanischer Bauer Saul Lucianodas hat im letzen Jahr eine Klage gegen RWE eingereicht, das Oberlandesgericht entschied in die Beweisaufnahme zu gehen. Ein überaus wichtiger Präzedenzfall.

Boykott

Dennoch, es ist genau richtig, Konzerne zu boykottieren die nicht von Grund auf auf Nachhaltigkeit ausgelegt sind. Nestlé, Unilever, Procter & Gamble, … Jede werbewirksam dargestellte Bemühung von Konzernen sich zu verbessern soll davon ablenken, auf welchen Werten der Aufbau Ihres Unternehmens fußt. Der maximale Gewinn durch Raubbau an Natur, Mensch und Tier dient seit Jahren und Jahrzehnten und zum Fortbestand einzelnen, deren Machtbesessenheit und Geldgier. Ein Konstrukt, dass sich durch “grüne Bemühungen” nicht verändern wird und kann. Unternehmen die per Grundsatz ethisch kriminell handeln, wirklich nachhaltig agieren wollten, müssten sie den Laden dicht machen und neu anfangen. Im Buch sind die Zusammenhänge, z.B. der Gesetzesgrundlagen, die das Agieren befördern und bedingen, sehr gut beschrieben.

Systemänderung

Aber wenn die dicht machen würden, würden dabei Arbeitsplätze draufgehen. Ja! Gesundschrumpfen nennt man das. Stichworte zur Lösung: Postwachstumsökonomie, Gemeinwohl Ökonomie.

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Mein persönliches Fazit

Wut
Mich hat der Film extrem wütend gemacht, wütend auf Konzerne, auf Lobbyismus, auf die Mechanismen in der Wirtschaft, der Politik, gesetzliche Grundlagen die für den blinden Profit geschaffen wurden … auf die unendlich vielen grünen Lügen. Diese unfassbaren Ungerechtigkeiten, dieser Raubbau an der Erde, als hätten wir noch ein paar davon in der Reserve.

Der Film stößt in mir auch eine Wut auf all jene an, die sich einen Scheiß um diese Probleme scheren. Die bequem sind, sich hinter einer Empathie, Kinderliebe und Tierliebe verschanzen die nur bis zur Fußmatte vor der eigenen Haustür reicht. Wo ein Lippenstift, Urlaub, Auto, Handy, Kleidungsstück, Möbel wichtiger ist als Menschenwürde und Gerechtigkeit. Die bei solchen Themen abwinken und verwöhnt meinen, sie hätten per Geburt ein Anrecht darauf. Wie oft habe ich im Bekanntenkreis in diesem Zusammenhang eiskalte und dumme Floskeln gehört wie “man lebt nur ein mal”, “jedem sein Hobby”, “leben und leben lassen”. Es macht mich wütend und zugleich bedauernd, auf welchen Werten deren Selbstbewusstsein baut. Mitunter aufgrund der Lebensgeschichte, den Lebensumständen verständlich. Nicht jeder hat die Kapazität zur Auseinandersetzung mit diesen Themen.

Und es macht mich wütend auf mich selbst, weil ich so viele Stunden in der Woche mit m Scheiß wie Architektur verplemper. Eine Architektur, die getränkt ist von umweltschädigenden Reglements. (…) Wut, weil ich mein Harmoniebedürfnis zu oft vor die Bedeutung der Greueltaten stelle. Weil ich zwar selbstbewusst in meiner Meinung bin, aber doch zu viel Schiss habe, im Mittelpunkt von Anfeindungen zu stehen und ggf. nicht zu Wort zu kommen oder weil mich geballte Negativreaktionen stumm werden lassen könnten oder ich zur richtigen Zeit nicht die richtigen Worte finde. Weil ich keinem zu nahe treten möchte, weil doch gerade ich um persönliche Einflussfaktoren weiß, wegen derer sich keiner ein Urteil über einen anderen per se erlauben darf. Weil ich weiß, dass ich auch nur ein Mensch bin, der Moden aufsitzt, der sich verändert, der in verschiedenen Lebensphasen die Prioritäten neu setzt, der aber hoffentlich nie wieder die beschriebenen Missstände so verdrängt, wie es zu lange der Fall war.

Mut
Der Film zeigt Menschen, die für die gute Sache stehen; ihr Handeln, ihr Langmut, ihre radikale Besonnenheit und Kraft beeindrucken. Noam Chomsky, Feri Irawan, Raj Patel, … Alles Männer, schade, aber Männer, von deren Wissen ich mehr erfahren muss.

Es wurden in den vergangenen Jahrhunderten viele Utopien und Forderungen ausgesprochen, sie wurden mitunter verlacht und heute gehören sie zur Selbstverständlichkeit unseres Lebens hier in Deutschland. Demokratie, Frauenrechte, Naturschutz, …  Es ist wichtig, wo es sein muss, gegen die Masse zu schwimmen.

Ich muss noch viel radikaler sein -falsch- ich muss lauter sein gegen die als “normal” empfundene brutale Radikalität des Wirtschaftssystems. Mein Agieren/Negieren als Konsumentin wird immer besser, es gehört zum Teil meiner Seelenhygiene, aber das reicht nicht, davon ändert sich das System nicht. Ich sollte mich mehr engagieren, mehr fordern, mehr auf den Sack gehen, noch unbequemer sein, die Energie meiner Wut für meine Überzeugung kanalisieren, größer denken, statt kleinklein. (puh!)

. Maren

P.S. Der Film ist seit letzter Woche in den Kinos und zumindest laut der Aussage des Odeon in Köln, läuft er so lange wie ihn Besucher sehen wollen. Hier sind die Termine der Filmvorführungen in den nächsten Tagen zu sehen, zu denen Kathrin Hartmann und Werner Boote anwesend sind. Die Werbung zum Film läuft nicht über große Werbeetats auf Plakaten, medial, …, sondern über Mund-zu-Mund-Propaganda. Dazu möchte ich hiermit beitragen. Und meine fette Empfehlung für das Buch!

Kathrin Hartmann (Journalistin, Autorin) hat wertvolle globalisierungskritische Bücher geschrieben, z.B. Aus kontrolliertem Raubbau. Werner Boote (Regisseur) hat u.a. den empfehlenswerten Film Plastic Planet gedreht.

3 Kommentare

  1. Liebe Maren, ich finde deinen Artikel sehr interessant und habe mich in vielen Punkten wiedererkannt. Vorab möchte ich sagen, dass es schon ein paar Unternehmen gibt, die sich um echte Nachhaltigkeit bemühen. Die haben es aber wirklich schwer, weil das jetzige System diejenigen belohnt, die Menschen und Umwelt ausbeuten. Warum? Weil Folgekosten nicht der Verursacher, sprich der Produzent sowie Konsument eines Produkts, zahlt, sondern die Allgemeinheit (z.B. MÜllentsorgung, Gewässerreinigung usw.). Die Politik könnte einen großen Anreiz zur nachhaltigen Produktion setzen, würde sie die pauschale Mehrwertsteuer durch eine differenzierte Ökosteuer ersetzen: nachhaltige Produkte werden nicht oder kaum besteuert, umweltschädliche sehr hoch, und dies wird dem Verbraucher durch verschiedene Farben deutlich mitgeteilt. Genauer hab ich das hier beschrieben: http://www.pfauen-auge.de/2017/10/31/oekosteuer-statt-mehrwertsteuer/
    Welche Denkmuster uns daran hindern, nachhaltiger zu handeln, und wie man sie überwinden kann, hab ich hier geschildert: http://www.pfauen-auge.de/2018/03/19/kafka-kassandra-klimawandel/
    Dein Fazit finde ich genau richtig: Es reicht nicht aus, selbst zu versuchen so nachhaltig wie möglich zu leben (auch das gelingt mir nicht immer). Ein politisches Engagement ist gefragt, Visionen und Utopien sind zu entwickeln, also groß zu denken anstatt klein klein.
    Außerdem immer wieder in die Diskussion gehen und auf die Thematik aufmerksam machen, auch wenn es frustrierend scheint. Ich habe auch den Eindruck, dass so viele sich auf ihr privates Glück konzentrieren und den Rest verdrängen. Aber ein bisschen was bleibt doch manchmal hängen.
    Liebe Grüße!
    Amely

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